Pflegegrad 3 verständlich erklärt
Pflegegrad 3 markiert einen entscheidenden Wendepunkt im Leben vieler Betroffenen und ihrer Angehörigen. Er bedeutet: Die Selbstständigkeit einer Person ist bereits so stark eingeschränkt, dass Hilfe im Alltag unumgänglich geworden ist – und genau hier greift die Pflegeversicherung mit gezielten Leistungen. Doch was bedeutet „schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“ konkret? Wer ist betroffen? Und wie unterscheidet sich Pflegegrad 3 von den anderen Pflegegraden?
Inhalt
- Pflegegrad 3 verständlich erklärt
- Voraussetzungen für Pflegegrad 3
- Leistungen bei Pflegegrad 3 – Ihr Anspruch im Überblick
- Pflegegrad 3 bei Kindern
- Fallbeispiele aus dem Alltag – Pflegegrad 3 lebendig erklärt
- Pflege & Beruf vereinbaren – Rechte und Möglichkeiten
- Beratungs- und Unterstützungsangebote – Hilfe finden
- FAQ – Häufige Fragen zu Pflegegrad 3
Pflegegrad 3 verständlich erklärt
Pflegegrad 3 markiert einen entscheidenden Wendepunkt im Leben vieler Betroffener und ihrer Angehörigen. Er bedeutet: Die Selbstständigkeit einer Person ist bereits so stark eingeschränkt, dass Hilfe im Alltag unumgänglich geworden ist – und genau hier greift die Pflegeversicherung mit gezielten Leistungen. Doch was bedeutet „schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“ konkret? Wer ist betroffen? Und wie unterscheidet sich Pflegegrad 3 von den anderen Pflegegraden?
In diesem Abschnitt geben wir Ihnen einen praxisnahen, verständlichen Überblick über Pflegegrad 3 – mit klaren Definitionen, realen Beispielen und konkreten Tipps für Betroffene und Angehörige. Unser Ziel: Ihnen mehr Klarheit, Sicherheit und Orientierung bieten – egal, ob Sie vor einem Antrag stehen oder bereits Pflegeleistungen nutzen.
Was bedeutet „schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“?
Die Pflegeversicherung in Deutschland orientiert sich seit 2017 nicht mehr am Zeitaufwand der Pflege, sondern an der tatsächlichen Selbstständigkeit einer Person im Alltag. Diese wird im sogenannten Pflegegutachten anhand eines Punktesystems bewertet.
Pflegegrad 3 erhalten Menschen mit einer schweren Beeinträchtigung der Selbstständigkeit, die im Gutachten mit 47,5 bis unter 70 Punkten bewertet wird. Die Punkte ergeben sich aus sechs Lebensbereichen, sogenannten Modulen (siehe weiter unten).
Was „schwer beeinträchtigt“ in der Praxis bedeutet
- Ein Beispiel: Frau Berger, 78, leidet an fortgeschrittener Arthrose und Bluthochdruck. Sie kann sich nur noch mit einem Rollator fortbewegen, benötigt Hilfe beim Duschen, Anziehen und der Medikamenteneinnahme. Zudem fällt es ihr schwer, komplexe Alltagssituationen zu überblicken. Ihr Punktwert im Gutachten: 58,3 – Pflegegrad 3.
Einordnung von Pflegegrad 3 im System der Pflegegrade
Pflegegrad 3 ist der mittlere von insgesamt fünf Pflegegraden. Er markiert den Übergang von einer noch weitgehend eigenständigen Lebensführung (Pflegegrad 2) zu einem Zustand, in dem die Person ohne regelmäßige Hilfe nicht mehr sicher oder selbstbestimmt leben kann.
Pflegegrad | Bezeichnung | Punkte im Gutachten |
---|---|---|
1 | Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit | 12,5 – <27 |
2 | Erhebliche Beeinträchtigung | 27 – <47,5 |
3 | Schwere Beeinträchtigung | 47,5 – <70 |
4 | Schwerste Beeinträchtigung | 70 – <90 |
5 | Schwerste Beeinträchtigung mit besonderen Anforderungen | ≥90 |
Pflegegrad 3 ist oft ein „Kipppunkt“: Der Unterstützungsbedarf ist deutlich, aber die Pflege findet meist noch im häuslichen Umfeld statt – mit Unterstützung durch Angehörige oder ambulante Dienste.
Wer ist betroffen?
Pflegegrad 3 betrifft Menschen mit erheblichen Einschränkungen, die sich auf Mobilität, Orientierung, Selbstversorgung oder den Umgang mit Erkrankungen beziehen. Das Alter spielt dabei keine Rolle.
Typische Gruppen
- Ältere Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Parkinson, Demenz oder Herzinsuffizienz
- Erwachsene mit psychischen Erkrankungen, z. B. Depressionen oder Schizophrenie, sofern diese den Alltag stark beeinträchtigen
- Kinder mit Behinderungen oder Entwicklungsstörungen, z. B. Autismus oder Muskelerkrankungen, bei denen altersuntypischer Unterstützungsbedarf besteht
- Pflegende Angehörige, die häufig den Großteil der Hilfe im Alltag leisten – und dafür selbst Entlastung benötigen
Hinweis für Angehörige
Auch pflegende Angehörige haben Rechte – etwa auf Pflegezeit oder das Pflegeunterstützungsgeld bei kurzfristigem Ausfall. Ein Beratungsgespräch kann helfen, alle Möglichkeiten auszuschöpfen.
Pflegegrad 3 – Das Bewertungssystem im Überblick
Die Pflegebegutachtung erfolgt nach dem „Neuen Begutachtungsassessment“ (NBA). Dabei bewerten Gutachter des MD (Medizinischer Dienst) oder von MEDICPROOF (bei privat Versicherten) den Grad der Selbstständigkeit in sechs Bereichen.
Modul | Lebensbereich | Beispiele für Einschränkungen |
---|---|---|
1 | Mobilität | Gehen, Stehen, Treppensteigen |
2 | Kognitive & kommunikative Fähigkeiten | Orientierung, Gespräche, Entscheidungen treffen |
3 | Verhaltensweisen & psychische Problemlagen | Aggression, Angstzustände, Unruhe |
4 | Selbstversorgung | Körperpflege, Essen, Ankleiden |
5 | Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen | Medikamentengabe, Arztbesuche, Wundversorgung |
6 | Alltagsleben & soziale Kontakte gestalten | Tagesstruktur planen, Kontakte pflegen |
Jedes Modul wird mit Punkten bewertet und unterschiedlich gewichtet. Aus der gewichteten Gesamtpunktzahl ergibt sich der Pflegegrad.
Extra-Tipp: Pflegetagebuch führen
Ein gut geführtes Pflegetagebuch macht Einschränkungen im Alltag für den Gutachter nachvollziehbar. Es dokumentiert zuverlässig, wo Unterstützung notwendig ist – und verbessert so die Chancen auf eine gerechte Einstufung.
Fazit: Pflegegrad 3 als Chance zur richtigen Unterstützung
Pflegegrad 3 ist mehr als eine bürokratische Einstufung – er ist ein Schlüssel zu konkreter Hilfe und finanzieller Entlastung. Wer ihn erhält, hat Anspruch auf zahlreiche Leistungen, etwa Pflegegeld, Pflegesachleistungen oder eine Wohnraumanpassung wie den Einbau eines Treppenlifts.
Wenn Sie oder ein Angehöriger in diese Kategorie fallen, lohnt es sich, sich frühzeitig mit dem Thema zu beschäftigen – und nicht zuletzt: sich beraten zu lassen.
Voraussetzungen für Pflegegrad 3
Pflegegrad 3 steht für eine „schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“. Doch was bedeutet das konkret – und wie wird sie festgestellt? In diesem Abschnitt erfahren Sie verständlich und praxisnah, welche Voraussetzungen für Pflegegrad 3 erfüllt sein müssen, wie das Begutachtungsverfahren abläuft und was speziell bei Kindern oder psychischen Erkrankungen gilt. Dazu erhalten Sie wertvolle Tipps zur Vorbereitung auf die Begutachtung und praktische Beispiele aus dem Alltag.
Ab wann liegt eine „schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“ vor?
Der Begriff „schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“ mag auf den ersten Blick abstrakt wirken. Doch er hat eine präzise Bedeutung: Er bezieht sich auf das Ergebnis eines standardisierten Pflegegutachtens, das auf dem Neuen Begutachtungsassessment (NBA) basiert.
Das Neue Begutachtungsassessment (NBA): So funktioniert die Einstufung
Das NBA ist das offizielle Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit. Es bewertet die Fähigkeit einer Person, ihren Alltag selbstständig zu bewältigen – unabhängig von der Diagnose. Grundlage ist ein Punktesystem mit maximal 100 Punkten.
Ein Pflegegrad 3 wird vergeben, wenn im Gutachten 47,5 bis unter 70 Punkte erreicht werden.
Die sechs Module der Begutachtung im Überblick
Modul | Inhalt | Gewichtung |
---|---|---|
1. Mobilität | Fortbewegung, Körperhaltung, Treppensteigen | 10% |
2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten | Orientierung, Entscheidungen treffen, Gespräche führen | 15% |
3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen | Ängste, Aggressionen, nächtlicher Hilfebedarf | 15% |
4. Selbstversorgung | Körperpflege, Ernährung, Toilettengänge | 40% |
5. Krankheits- und therapiebedingte Anforderungen | Umgang mit Medikamenten, Arztbesuchen, Therapien | 20% |
6. Gestaltung des Alltags und sozialer Kontakte | Tagesstruktur, Beschäftigung, Kontaktpflege | 15% (zusammen mit Modul 2 oder 3) |
- Kann sich die Person selbst waschen und anziehen?
- Ist eigenständiges Essen und Trinken möglich?
- Wird Unterstützung bei Toilettengängen benötigt?
Jedes Kriterium wird mit einem Punktwert bewertet, der den Grad der Selbstständigkeit widerspiegelt – von „selbstständig“ bis „vollständig unselbstständig“.
Voraussetzungen bei Kindern: Pflegegrad 3 bei jungen Pflegebedürftigen
Bei Kindern gelten besondere Maßstäbe. Die Beeinträchtigung der Selbstständigkeit wird im Vergleich zum typischen Entwicklungsstand gleichaltriger Kinder bewertet – nicht zu Erwachsenen.
Typische Diagnosen bei Kindern mit Pflegegrad 3
- Komplexe Entwicklungsstörungen
- Autismus-Spektrum-Störungen
- Neuromuskuläre Erkrankungen (z. B. Spinale Muskelatrophie)
Psychische Erkrankungen: Häufig unterschätzt
Auch psychische Erkrankungen wie Depression, Demenz oder Angststörungen können zu einem Anspruch auf Pflegegrad 3 führen – vorausgesetzt, sie beeinträchtigen die Alltagsbewältigung nachhaltig.
Beispiele für typische Auswirkungen
- Orientierungslosigkeit oder Vergesslichkeit
- Rückzug, Antriebslosigkeit oder nächtlicher Hilfebedarf
- Schwierigkeiten bei der Medikamenteneinnahme oder im Umgang mit Gefahrensituationen
Praxis-Tipp: So bereiten Sie sich optimal auf die Begutachtung vor
Die Pflegebegutachtung ist ein zentraler Moment – und gut vorbereitet lässt sich viel Einfluss nehmen:
Checkliste zur Vorbereitung
- Führen Sie ein Pflegetagebuch (mind. 7–14 Tage)
- Dokumentieren Sie regelmäßige Unterstützungsleistungen
- Halten Sie ärztliche Diagnosen und Therapieberichte bereit
- Seien Sie beim Begutachtungstermin ehrlich und genau
- Lassen Sie sich bei Bedarf durch eine Pflegeberatung nach §7a SGB XI begleiten
Fazit: Pflegegrad 3 ist mehr als eine Punktzahl
Pflegegrad 3 erhalten Menschen, deren Selbstständigkeit bereits deutlich eingeschränkt ist – doch das Spektrum an Ursachen ist vielfältig: körperliche Erkrankungen, psychische Belastungen oder altersbedingte Einschränkungen. Entscheidend ist nicht die Diagnose, sondern wie stark diese den Alltag beeinflusst.
- Pflegegrad 3: 47,5 bis unter 70 Punkte
- Bewertung erfolgt nach dem NBA mit sechs Modulen
- Berücksichtigung auch psychischer und kognitiver Faktoren
- Bei Kindern: Vergleich mit altersgemäßer Entwicklung
- Wichtig: Gründliche Vorbereitung und Dokumentation
Leistungen bei Pflegegrad 3 – Ihr Anspruch im Überblick
Mit einem anerkannten Pflegegrad 3 erhalten Pflegebedürftige und ihre Angehörigen Zugang zu umfangreichen Leistungen der Pflegeversicherung – sowohl finanzieller als auch praktischer Natur. Doch welche Leistungen stehen Ihnen konkret zu? Wie hoch sind die monatlichen Beträge? Und wie lassen sich diese geschickt kombinieren, um den Pflegealltag optimal zu entlasten?
Im Folgenden finden Sie einen klar strukturierten Überblick aller Ansprüche bei Pflegegrad 3 – mit Beträgen, Anwendungsbeispielen und Tipps zur klugen Nutzung.
Pflegegeld – Unterstützung für die häusliche Pflege
Wenn die Pflege durch Angehörige, Freunde oder ehrenamtliche Helfer im häuslichen Umfeld erfolgt, steht Ihnen Pflegegeld in Höhe von 599 Euro pro Monat zu. Dieses Geld kann frei verwendet werden – z. B. zur Anerkennung der Pflegeperson oder für haushaltsnahe Dienstleistungen.
Pflegesachleistungen – Für professionelle Unterstützung zu Hause
Wer stattdessen (oder zusätzlich) auf die Hilfe eines ambulanten Pflegedienstes setzt, kann monatlich bis zu 1.497 Euro für Pflegesachleistungen abrufen.
Beispiele für Pflegesachleistungen:
- Hilfe bei Körperpflege, Ernährung, Mobilität
- Medikamentengabe, Injektionen
- Unterstützung bei der Haushaltsführung
Die Abrechnung erfolgt in der Regel direkt zwischen Pflegedienst und Pflegekasse.
Kombinationsleistung – Pflegegeld & Sachleistung geschickt vereinen
Die sogenannte Kombinationsleistung erlaubt es, beide Pflegeformen zu verbinden. Sie nutzen etwa 70 % des Budgets für Pflegesachleistungen – und erhalten 30 % des Pflegegeldes anteilig ausgezahlt.
Diese Variante ist ideal, wenn Pflege teilweise professionell und teilweise durch Angehörige erfolgt.
Entlastungsbetrag – Zusätzliche Hilfe für Haushalt & Betreuung
Unabhängig von anderen Leistungen steht Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 3 der Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro pro Monat zur Verfügung. Dieser ist zweckgebunden und dient der:
- Alltagsbegleitung
- Haushaltshilfe
- Betreuung von Demenzkranken
- Tages-/Nachtpflege (ergänzend)
Die Auszahlung erfolgt nicht direkt, sondern auf Nachweis – am besten über zertifizierte Anbieter.
Verhinderungspflege – Wenn die Pflegeperson pausieren muss
Pflegt ein Angehöriger regelmäßig – und fällt kurzfristig aus –, springt die Verhinderungspflege ein. Pro Kalenderjahr sind:
- 1.612 Euro Zuschuss möglich
- Bis zu 6 Wochen Vertretung
- Erhöhbar um 806 Euro aus der Kurzzeitpflege
Auch Freunde, Nachbarn oder Pflegekräfte dürfen einspringen.
Kurzzeitpflege – Für vorübergehende stationäre Versorgung
Muss die pflegebedürftige Person zeitweise stationär betreut werden, z. B. nach einem Krankenhausaufenthalt oder bei Abwesenheit der Pflegeperson, übernimmt die Pflegekasse:
- Bis zu 1.774 Euro pro Jahr
- Maximal 8 Wochen pro Kalenderjahr
- Kombinierbar mit Verhinderungspflege
Tages- und Nachtpflege – Entlastung im Pflegealltag
Diese teilstationäre Pflegeform eignet sich ideal zur Ergänzung der häuslichen Pflege:
- Pflegebedürftige verbringen Teile des Tages oder der Nacht in einer Einrichtung
- Mit Pflegegrad 3: 1.298 Euro monatlich
- Wird nicht auf Pflegegeld oder Pflegesachleistungen angerechnet
Pflegehilfsmittel – Mehr Sicherheit & Hygiene im Alltag
Verbrauchsprodukte (Pflegehilfsmittelpauschale)
Pflegebedürftige mit Pflegegrad 3 haben Anspruch auf:
- Bis zu 40 Euro monatlich für Einmalhandschuhe, Desinfektionsmittel, Bettschutzeinlagen u. v. m.
- Abrechnung über Pauschale – z. B. via Anbieter wie curabox
Technische Pflegehilfsmittel
Auf Rezept sind z. B. Pflegebetten, Lagerungshilfen oder Hausnotrufsysteme erhältlich. Dabei gilt:
- Miete statt Kauf möglich
- Zuzahlung: meist 10 %, maximal 25 Euro
Wohnraumanpassung – Zuschüsse für ein barrierefreies Zuhause
Um die Selbstständigkeit zu erhalten, fördern Pflegekassen wohnumfeldverbessernde Maßnahmen mit:
- Bis zu 4.000 Euro Zuschuss pro Maßnahme
- Bei mehreren Pflegebedürftigen im Haushalt: max. 16.000 Euro
- Typische Maßnahmen: Treppenlift, bodengleiche Dusche, Türverbreiterung
Stationäre Pflege – Leistungen im Pflegeheim
Wenn die Pflege zu Hause nicht mehr möglich ist, unterstützt die Pflegekasse die vollstationäre Pflege mit:
- 1.262 Euro monatlich für pflegebedingte Aufwendungen
- Zusätzlich: Entlastung beim Eigenanteil, abhängig von Aufenthaltsdauer
Unterkunft, Verpflegung & Investitionskosten sind privat zu zahlen.
Weitere Leistungen bei Pflegegrad 3 im Überblick
Leistung | Betrag / Hinweis |
---|---|
Hausnotrufsystem | 25,50 €/Monat |
Wohngruppenzuschlag | 214 €/Monat |
Digitale Pflegeanwendungen (DiPA) | Bis 50 €/Monat |
Pflegeberatung nach §7a SGB XI | Kostenlos, individuell |
Pflegekurse für Angehörige | Kostenlos, online oder vor Ort |
Pflegeunterstützungsgeld | Lohnersatz bei akutem Pflegebedarf |
Sozialversicherungsbeiträge für Pflegende | Renten-, Unfall-, Arbeitslosenversicherung möglich |
Praxis-Tipp: Leistungen clever kombinieren
Ein Beispiel für eine sinnvolle Kombination:
- Pflege durch Tochter: 70 % Pflegesachleistung → 1.047,90 €
- Zusätzlich: 30 % Pflegegeld → 179,70 €
- Entlastungsbetrag für Haushaltshilfe → 125 €
- Pflegehilfsmittel über curabox → 40 €
- Hausnotruf → 25,50 €
Mit Pflegegrad 3 erhalten Betroffene ein starkes Fundament zur Finanzierung eines würdevollen, selbstbestimmten Alltags – sowohl in den eigenen vier Wänden als auch im Pflegeheim. Entscheidend ist, alle Leistungen zu kennen und strategisch zu nutzen.
Pflegegrad 3 bei Kindern
Kinder mit Pflegegrad 3 stehen vor besonderen Herausforderungen – und ihre Familien ebenso. Denn die Beeinträchtigungen betreffen nicht nur alltägliche Aktivitäten, sondern auch die soziale Teilhabe und Entwicklung des Kindes. Wer ein pflegebedürftiges Kind begleitet, braucht neben emotionaler Stärke auch fundiertes Wissen über Rechte, Leistungen und Unterstützungsmöglichkeiten.
Was bedeutet das?
Ein Pflegegrad 3 bei Kindern signalisiert eine schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten. Diese Einstufung erfolgt nicht pauschal anhand des Alters, sondern anhand eines umfassenden Pflegegutachtens. Dabei wird bewertet, inwieweit das Kind altersgemäße Fähigkeiten verloren hat oder nie entwickeln konnte.
Beispiele:
- Ein fünfjähriges Kind kann sich nicht alleine anziehen, die Toilette nicht selbstständig benutzen oder benötigt ständige Beaufsichtigung wegen einer Epilepsie oder kognitiven Einschränkung.
- Ein achtjähriges Kind mit Autismus verweigert soziale Interaktion, gefährdet sich selbst oder braucht dauerhafte Unterstützung im schulischen Alltag.
Wichtig: Bei Kindern zählt nicht, ob sie sich selbst versorgen könnten wie Erwachsene, sondern ob sie im Vergleich zu gesunden Gleichaltrigen einen deutlich höheren Pflegebedarf haben.
So läuft die Begutachtung bei Kindern ab
Die Grundlage für die Einstufung ist das Neue Begutachtungsassessment (NBA). Bei Kindern unter 18 Jahren gelten dabei besondere Maßstäbe:
- Bis zum 11. Lebensjahr werden Kinder mit gesunden Altersgenossen verglichen. Die Gutachter*innen beurteilen, was ein durchschnittliches Kind in diesem Alter alleine könnte.
- Ab dem 11. Geburtstag werden die Kriterien des Erwachsenen-NBA angewendet, da hier eine gewisse Selbstversorgung erwartet wird.
Typische Diagnosen bei Kindern mit Pflegegrad 3
Pflegegrad 3 bei Kindern betrifft oft komplexe oder dauerhafte Einschränkungen. Häufige Ursachen sind:
- Neurologische Erkrankungen wie infantile Zerebralparese, Epilepsie oder Muskelatrophien
- Genetische Syndrome wie Trisomie 21 (Down-Syndrom) oder Rett-Syndrom
- Schwere Entwicklungsverzögerungen oder kognitive Behinderungen
- Psychische Erkrankungen wie frühkindlicher Autismus oder schwere Depressionen
- Chronische Erkrankungen mit Therapien wie Krebs, Diabetes Typ 1 oder Mukoviszidose
Was sie verbindet: Die Kinder brauchen regelmäßig zeit- und betreuungsintensive Hilfe – sei es körperlich, emotional oder medizinisch.
Leistungen bei Pflegegrad 3 für Kinder
Ein Kind mit Pflegegrad 3 hat Anspruch auf sämtliche Pflegeleistungen, die auch Erwachsenen zustehen. Für Familien sind besonders diese Leistungen wichtig:
Leistung | Monatlicher/Jährlicher Betrag |
---|---|
Pflegegeld (bei häuslicher Pflege) | 599 € |
Pflegesachleistungen (z. B. Pflegedienst) | 1.497 € |
Entlastungsbetrag | 125 € (monatlich, zweckgebunden) |
Verhinderungspflege | 1.612 € pro Jahr (+ bis zu 806 € aus Kurzzeitpflege) |
Kurzzeitpflege | 1.774 € pro Jahr |
Wohnraumanpassung | bis zu 4.000 € (z. B. Treppenlift) |
Pflegehilfsmittel | bis zu 40 € monatlich |
Alltagshilfen für Eltern: Diese Unterstützung gibt es
Pflegende Eltern sind oft rund um die Uhr im Einsatz. Um sie zu entlasten, gibt es spezielle Angebote:
- Pflegeberatung (§7a SGB XI): Individuelle Beratung zu Leistungen, Anträgen und Alltagsorganisation – kostenlos über Pflegekassen oder Pflegestützpunkte.
- Kinderhospizdienste & Familienentlastende Dienste: Nicht nur für Sterbebegleitung, sondern auch zur psychosozialen Unterstützung im Alltag.
- Ambulante Hilfe im Alltag: Betreuung durch geschulte Helfer*innen, etwa beim Spielen, Lernen oder bei der Begleitung zur Schule.
- Digitale Pflegeanwendungen (DiPA): Spezielle Apps, z. B. für Autismus-Therapie oder Alltagsstrukturierung, können monatlich mit bis zu 50 € bezuschusst werden.
Elternrechte und finanzielle Entlastung
Neben Pflegeleistungen gibt es auch rechtliche Ansprüche, die Eltern kennen sollten:
- Pflegezeit & Familienpflegezeit: Für berufstätige Elternteile, die sich zeitweise aus dem Beruf zurückziehen möchten.
- Pflegeunterstützungsgeld: Bis zu 10 Tage Lohnersatz bei akutem Pflegebedarf.
- Kindergeld & Pflegepauschbetrag: Eltern können bei Kindern mit Behinderung oft einen erhöhten Steuerfreibetrag geltend machen.
- Mehrbedarf für behinderte Kinder: Im Rahmen von Hartz IV oder Bürgergeld möglich.
Fallbeispiel: Emma, 6 Jahre – Pflegegrad 3 mit Autismus
Emma ist sechs Jahre alt und lebt mit einer frühkindlichen Autismus-Spektrum-Störung. Sie spricht kaum, reagiert empfindlich auf Geräusche und braucht bei alltäglichen Routinen viel Anleitung.
Ihre Mutter dokumentierte mithilfe eines Pflegetagebuchs, dass Emma:
- Beim Essen gefüttert werden muss
- Sich nicht alleine anzieht oder zur Toilette geht
- Ständige Beaufsichtigung braucht, um sich nicht zu gefährden (z. B. durch Weglaufen)
- Intensive Unterstützung beim Strukturieren des Tages benötigt
Das Gutachten ergab über 50 Punkte im NBA – Emma erhielt Pflegegrad 3. Die Familie nutzt heute Pflegegeld, Entlastungsbetrag, einen Kinder-Pflegedienst für Schulbegleitung sowie stundenweise Verhinderungspflege.
Fallbeispiele aus dem Alltag – Pflegegrad 3 lebendig erklärt
In Familien, in denen ein Mitglied Pflegegrad 3 hat, ist der Alltag oft ein Balanceakt zwischen Fürsorge, Organisation und emotionaler Belastung. Damit die abstrakte Einstufung greifbarer wird, zeigen wir Ihnen hier reale Fallbeispiele aus dem Pflegealltag – praxisnah, authentisch und hilfreich. So erkennen Sie sich oder Ihre Angehörigen leichter in typischen Mustern wieder und verstehen besser, was Pflegegrad 3 im täglichen Leben bedeutet.
Herr Schneider (68): Parkinson, Depression – Pflege zu Hause mit ambulanter Unterstützung
Herr Schneider lebt allein in einer barrierearmen Wohnung. Er leidet seit mehreren Jahren an Morbus Parkinson, was sich zunehmend auf seine Beweglichkeit auswirkt. Dazu kommt eine altersbedingte Depression. Körperlich kann er sich noch eingeschränkt fortbewegen, etwa mit Rollator. Beim Aufstehen, Ankleiden und Duschen benötigt er jedoch täglich Hilfe.
Seine Tochter übernimmt die morgendliche Pflege – Unterstützung bei der Körperpflege, der Einnahme der Medikamente und beim Frühstück. Ein ambulanter Pflegedienst hilft zusätzlich zweimal täglich.
Pflegegutachten-Auszug:
-
Mobilität: Unsicher beim Gehen, Sturzgefahr – 6 Punkte
-
Selbstversorgung: Hilfe bei Körperpflege und Ernährung – 7 Punkte
-
Psychische Problemlagen: Antriebslosigkeit, soziale Isolation – 11 Punkte
-
Alltagsgestaltung: Kein strukturierter Tagesablauf – 6 Punkte
-
Umgang mit Therapie: Unterstützung bei Medikamenteneinnahme, Physio – 5 Punkte
→ Gesamtbewertung: 55 Punkte → Pflegegrad 3
Frau Yilmaz (41): Multiple Sklerose – Pflege & Beruf als pflegende Angehörige vereinbaren
Frau Yilmaz kümmert sich um ihre 70-jährige Mutter, die an fortgeschrittener Multipler Sklerose leidet. Die Mutter ist auf den Rollstuhl angewiesen, leidet unter Spastiken und braucht Unterstützung bei nahezu allen Alltagsaktivitäten.
Trotz Vollzeitjob koordiniert Frau Yilmaz einen Pflegedienst für die Grundpflege und organisiert Arztbesuche, Medikamente und Haushalt.
Pflegegutachten-Auszug:
-
Mobilität: Keine eigenständige Fortbewegung mehr – 10 Punkte
-
Selbstversorgung: Vollständige Hilfebedarf – 12 Punkte
-
Kognitive Fähigkeiten: Eingeschränkt, häufige Verwirrtheit – 9 Punkte
-
Alltagsgestaltung: Keine eigenständige Tagesstruktur – 6 Punkte
→ Gesamtbewertung: 61 Punkte → Pflegegrad 3
Lösung in der Praxis:
- Nutzung von Pflegesachleistungen für ambulante Versorgung
- Pflegezeitgesetz: Frau Yilmaz nahm eine mehrmonatige Pflegezeit mit Lohnersatzleistung (Pflegeunterstützungsgeld)
- Unterstützung durch einen Pflegestützpunkt bei Organisation & Entlastung
Lisa (8): Kind mit Entwicklungsverzögerung – Pflegegrad 3 bei Kindern
Lisa wurde mit einer schweren genetischen Entwicklungsstörung geboren. Sie spricht kaum, benötigt Hilfe beim Essen und Trinken, und kann sich weder selbst anziehen noch sich alleine beschäftigen.
Die Eltern beantragten frühzeitig einen Pflegegrad, führten über mehrere Wochen ein Pflegetagebuch und wurden bei der Begutachtung umfassend beraten.
Pflegegutachten-Auszug:
-
Selbstversorgung: Komplett hilfsbedürftig – 12 Punkte
-
Verhaltensweisen: Aggressives Verhalten bei Reizüberflutung – 10 Punkte
-
Kommunikation: Stark eingeschränkt – 9 Punkte
-
Alltagsgestaltung: Kein Bezug zu Zeit oder Struktur – 6 Punkte
→ Gesamtbewertung: 54 Punkte → Pflegegrad 3
Herr Becker (73): Pflegegrad 3 im Pflegeheim – ein realistischer Umstieg
Herr Becker lebte bis zu seinem Sturz mit Oberschenkelhalsbruch selbstständig in einer kleinen Wohnung. Nach der OP stellte sich heraus: eine Rückkehr nach Hause ist aus Mobilitätsgründen nicht möglich. Nach einem Aufenthalt in der Kurzzeitpflege entschied er sich für eine stationäre Pflegeeinrichtung.
Versorgungsmodell mit Pflegegrad 3:
- Stationäre Pflegekosten-Zuschuss: 1.319 € pro Monat
- Zusätzliche Leistungen: Pflegehilfsmittel, Hausnotruf, Pflegeberatung
- Eigenanteil: Trotz Pflegegrad-Zuschuss bleiben rund 2.000 € monatlich (abhängig vom Heim), ggf. Übernahme durch Sozialamt bei Mittellosigkeit
Fazit: Pflegegrad 3 ist vielfältig – und individuell planbar
Ob Parkinson, MS, kognitive Einschränkungen oder Pflegebedürftigkeit im Kindesalter: Pflegegrad 3 deckt eine große Bandbreite an Situationen ab.
Pflege & Beruf vereinbaren – Rechte und Möglichkeiten
Pflege und Beruf unter einen Hut zu bringen – das klingt einfacher, als es für viele pflegende Angehörige tatsächlich ist. Der Alltag verlangt Organisationstalent, seelische Stärke und vor allem: Zeit. Doch kaum jemand kann es sich leisten, einfach aufzuhören zu arbeiten. Deshalb gibt es gesetzliche Regelungen, finanzielle Unterstützungen und flexible Arbeitsmodelle, die pflegenden Angehörigen den Rücken stärken. Hier erfahren Sie, welche Rechte Sie haben, welche Möglichkeiten es gibt – und wie Sie sich clever absichern.
Vereinbarkeit von Pflege und Beruf: Das sind Ihre Rechte
Wenn Sie einen Angehörigen mit Pflegegrad 3 betreuen, stehen Sie unter hoher Belastung – psychisch, körperlich und organisatorisch. Der Gesetzgeber erkennt das an und hat mit der Pflegezeit und Familienpflegezeit zwei zentrale Instrumente geschaffen, um Beruf und Pflege zu vereinbaren.
Pflegezeit: Kurzfristig ganz oder teilweise aussteigen
Mit der Pflegezeit (§3 PflegeZG) können Sie sich bis zu sechs Monate vollständig oder teilweise von der Arbeit freistellen lassen, wenn Sie einen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen. Wichtig:
- Gilt für Betriebe mit mindestens 16 Beschäftigten
- Kein Gehaltsanspruch, aber ggf. Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld (siehe unten)
- Ankündigungsfrist: mindestens 10 Tage vorher (bei Notfällen 10 Arbeitstage rückwirkend)
Familienpflegezeit: Pflege und Beruf flexibel kombinieren
Für eine längerfristige Entlastung gibt es die Familienpflegezeit (§2 FamilienpflegeZG):
- Reduktion der Arbeitszeit auf mindestens 15 Stunden/Woche, bis zu 24 Monate
- Pflege muss im häuslichen Umfeld stattfinden
- Arbeitgeber muss zustimmen, wenn keine zwingenden betrieblichen Gründe dagegensprechen
- Kombinierbar mit Pflegezeit
Finanzielle Unterstützung: Wenn die Arbeit ruht
Pflegeunterstützungsgeld: Wenn es akut wird
Kommt es zu einem plötzlichen Pflegefall, können Sie sich bis zu 10 Arbeitstage freistellen lassen – auch kurzfristig. In dieser Zeit haben Sie Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld von der Pflegekasse des pflegebedürftigen Angehörigen.
- Höhe: ca. 90 % des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts
- Gilt für gesetzlich Versicherte
- Muss unverzüglich bei der Pflegekasse beantragt werden
Zinsloses Darlehen: Überbrückung bei Einkommensausfall
Während der Familienpflegezeit erhalten Sie zwar weiterhin Gehalt, aber nur anteilig. Um finanzielle Engpässe abzufedern, bietet das Bundesamt für Familie ein zinsloses Darlehen, das später in kleinen Raten zurückgezahlt wird.
Sozialversicherung: Ihre Absicherung bleibt bestehen
Pflegende Angehörige, die mindestens 10 Stunden pro Woche auf mindestens 2 Tage verteilt pflegen, werden von der Pflegekasse in der Rentenversicherung, Arbeitslosen- und Unfallversicherung abgesichert – ohne eigene Beiträge. Voraussetzungen:
- Pflege erfolgt nicht erwerbsmäßig
- Pflegegeld oder Kombinationsleistungen werden bezogen
- Keine gleichzeitige volle Erwerbstätigkeit
Besonders wichtig: Die Rentenbeiträge steigen mit dem Pflegegrad und dem Pflegeaufwand – bei Pflegegrad 3 kann das durchaus mehrere Rentenpunkte pro Jahr bedeuten.
Kommunikation mit dem Arbeitgeber: So gelingt das Gespräch
Pflege ist ein sensibles Thema – auch am Arbeitsplatz. Umso wichtiger ist es, gut vorbereitet in das Gespräch mit Ihrer Führungskraft zu gehen:
- Faktenlage klären: Wie hoch ist der Pflegeaufwand? Welche Unterstützung wird konkret gebraucht?
- Rechte kennen: Arbeitgeber dürfen Pflegezeit und Familienpflegezeit nicht willkürlich verweigern.
- Lösungen vorschlagen: Homeoffice, Gleitzeit, Reduktion auf Teilzeit – je nach Bedarf.
- Schriftlich festhalten: Vereinbarungen sollten dokumentiert werden, idealerweise mit HR-Unterstützung.
Flexibles Arbeiten: Modelle, die funktionieren
Immer mehr Unternehmen setzen auf pflegesensible Personalpolitik. Folgende Modelle helfen konkret:
- Vertrauensarbeitszeit: Freie Zeiteinteilung erleichtert Arztbesuche & Pflegetermine
- Arbeitszeitkonten: Pflegephasen können durch vorher aufgebautes Zeitguthaben abgefedert werden
- Mobiles Arbeiten: Homeoffice-Tage reduzieren Anfahrtswege und ermöglichen Zwischenpflege
Checkliste: So gelingt der Balanceakt zwischen Job & Pflege
- Informieren: Rechte, Pflichten und Unterstützungsangebote kennen
- Beantragen: Pflegezeit, Familienpflegezeit und ggf. Pflegeunterstützungsgeld
- Planen: Pflegeorganisation frühzeitig angehen
- Sprechen: Offene Kommunikation mit Arbeitgeber suchen
- Beraten lassen: Pflegeberatung nutzen
- Absichern: Sozialversicherung prüfen und Lücken vermeiden
Fazit: Pflege & Beruf – kein Entweder-oder
Pflegende Angehörige sind das Rückgrat unseres Pflegesystems. Mit Pflegegrad 3 entsteht häufig ein erheblicher Pflegeaufwand – doch es gibt Wege, diesen mit dem Beruf zu vereinbaren. Wer seine Rechte kennt, klug plant und sich Unterstützung holt, kann für den Angehörigen da sein, ohne sich selbst dabei zu verlieren. Nutzen Sie alle gesetzlichen Möglichkeiten – und vor allem: sprechen Sie offen über Ihre Situation. Denn Pflege braucht kein schlechtes Gewissen, sondern klare Rahmenbedingungen.
Beratungs- und Unterstützungsangebote – Hilfe finden
Unterstützung bei Pflegegrad 3: Diese Angebote helfen Ihnen wirklich weiter
Pflegebedürftigkeit betrifft nicht nur die Betroffenen selbst, sondern stellt auch Angehörige vor große Herausforderungen. Gerade bei Pflegegrad 3, der eine schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit bedeutet, ist professionelle Unterstützung entscheidend – sei es in Form von Beratung, finanziellen Hilfen oder digitaler Begleitung. Doch wo beginnt man? Wir zeigen Ihnen, welche kostenlosen Anlaufstellen es gibt, wie Sie das Maximum aus den Pflegeleistungen herausholen und welche digitalen Angebote Ihnen den Alltag erleichtern.
Pflegeberatung nach § 7a SGB XI: Ihr persönlicher Pflegekompass
Sobald ein Pflegegrad bewilligt ist, haben Versicherte Anspruch auf eine kostenfreie Pflegeberatung durch geschulte Pflegeberater:innen. Diese erfolgt auf Wunsch bei Ihnen zu Hause, telefonisch oder digital.
Das leistet die Beratung konkret:
- Individuelle Bedarfsanalyse: Welche Leistungen passen zu Ihrer Situation?
- Hilfe beim Organisieren der Pflege: ambulant, teilstationär oder stationär?
- Tipps zur Entlastung der Angehörigen (z. B. Verhinderungspflege, Entlastungsbetrag)
- Unterstützung bei Anträgen und Widersprüchen
Pflegestützpunkte: Vor Ort gut beraten
Pflegestützpunkte sind regionale Beratungszentren, die von Pflege- und Krankenkassen gemeinsam getragen werden. Sie bieten:
- Unabhängige Pflegeberatung
- Hilfe beim Ausfüllen von Anträgen
- Informationen zu regionalen Pflegediensten, Tagespflegen oder Betreuungsangeboten
- Unterstützung bei rechtlichen und organisatorischen Fragen
Online-Beratung & Pflege-Apps: Unterstützung rund um die Uhr
In der digitalen Pflegewelt gibt es heute viele intelligente Tools, die Sie ergänzend zur klassischen Beratung nutzen können.
Digitale Pflegeanwendungen (DiPA)
DiPA sind geprüfte Apps, die von der Pflegekasse mit bis zu 53 € monatlich bezuschusst werden. Sie helfen z. B. bei:
- Demenzbetreuung (z. B. Gedächtnistraining)
- Strukturierung des Pflegealltags
- Entlastung pflegender Angehöriger durch Reminder- und Dokumentationsfunktionen
Beispiele:
- CuCare: Digitales Pflegetagebuch & Medikamentenplaner
- NeotivCare: Demenzfrüherkennung & kognitive Aktivierung
Pflegekurse für Angehörige: Wissen, das Sicherheit gibt
Viele Angehörige fühlen sich zu Beginn der Pflege überfordert. Pflegekurse helfen, sich auf typische Pflegesituationen vorzubereiten – kostenlos und praxisnah.
Themen der Kurse:
- Rückenschonendes Heben & Umlagern
- Körperpflege und Hygiene
- Umgang mit Demenz & psychischen Veränderungen
- Rechtliche Grundlagen (z. B. Patientenverfügung)
Die Kurse werden vor Ort, als Online-Kurs oder als Einzelcoaching zuhause angeboten – etwa von:
- Pflegekassen (z. B. AOK-Pflegeakademie, TK-PflegeCoach)
- Wohlfahrtsverbänden (z. B. Caritas, Diakonie)
- Bildungsportalen (z. B. Curendo.de)
Alltagsunterstützung organisieren: Diese Angebote entlasten
Mit dem Pflegegrad 3 steht Ihnen ein monatlicher Entlastungsbetrag von 125 € zur Verfügung. Er kann genutzt werden für:
- Betreuung durch geschulte Alltagsbegleiter:innen
- Haushaltshilfe (Kochen, Einkaufen, Reinigen)
- Begleitung zu Arztterminen oder Spaziergängen
Pflegeunterstützungsgeld & kurzfristige Freistellung
In akuten Notsituationen, etwa nach einem Krankenhausaufenthalt oder bei plötzlicher Verschlechterung des Gesundheitszustands, haben Angehörige Anspruch auf bis zu 10 Tage bezahlte Freistellung.
Pflegeunterstützungsgeld ersetzt dabei einen Teil des Nettoeinkommens – bis zu 90 % je nach Verdienstausfall. Die Beantragung erfolgt über die Pflegekasse der zu pflegenden Person, idealerweise mit ärztlichem Attest über den Pflegebedarf.
Bonus: Sozialversicherungsbeiträge für Pflegende
Wer regelmäßig einen Angehörigen pflegt (mind. 10 Std./Woche, verteilt auf 2 Tage), wird durch die Pflegekasse sozialversichert – mit Beiträgen zur Renten-, Kranken- und Unfallversicherung.
Das bedeutet konkret:
- Rentenpunkte für die Pflegezeit
- Unfallversicherungsschutz bei der Pflege
- Krankenversicherung, sofern kein eigener Schutz besteht
Diese Beiträge werden automatisch gezahlt, sobald Pflegegeld bezogen und keine Erwerbstätigkeit im Vollzeitumfang ausgeübt wird.
Fazit: Holen Sie sich, was Ihnen zusteht
Pflege darf kein einsamer Kampf sein. Mit Pflegegrad 3 haben Sie Zugang zu einem breiten Netzwerk aus Beratung, Schulung und digitaler Hilfe, das Sie und Ihre Familie entlastet. Die wichtigste Voraussetzung: Informieren Sie sich frühzeitig und nutzen Sie Ihre Ansprüche gezielt.
FAQ – Häufige Fragen zu Pflegegrad 3
Häufige Fragen zu Pflegegrad 3 – Klarheit auf den Punkt gebracht
Die Einstufung in Pflegegrad 3 wirft bei Betroffenen und Angehörigen häufig Fragen auf: Welche Leistungen stehen mir konkret zu? Wie viel Unterstützung kann ich erwarten – und wie wird diese organisiert? Im Folgenden finden Sie präzise, verständliche und praxisnahe Antworten auf die häufigsten Fragen rund um den Pflegegrad 3 – ergänzt um nützliche Tipps und konkrete Zahlen. Ideal auch für eine schnelle Orientierung oder als Vorbereitung auf Gespräche mit Pflegekassen und Beratungsstellen.
Was bedeutet Pflegegrad 3 genau?
Pflegegrad 3 wird Personen zugesprochen, die eine „schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“ haben. Diese wird durch ein standardisiertes Pflegegutachten festgestellt – genauer gesagt: durch das Neue Begutachtungsassessment (NBA).
Ein Pflegegrad 3 wird vergeben, wenn im Gutachten 47,5 bis unter 70 Punkte erreicht werden.
Wie viele Stunden Pflege fallen bei Pflegegrad 3 an?
Seit der Pflegereform 2017 ist die Pflegezeit kein offizielles Kriterium mehr. Dennoch können Sie mit einem täglichen Pflegeaufwand von mehreren Stunden rechnen – insbesondere bei der Körperpflege, Medikamentengabe und Mobilität.
Führen Sie ein Pflegetagebuch, um den tatsächlichen Unterstützungsbedarf transparent zu dokumentieren. Das hilft nicht nur bei der Einstufung, sondern auch bei der späteren Leistungsplanung.
Wieviel Pflegegeld gibt es bei Pflegegrad 3?
Pflegegeld wird gezahlt, wenn die Pflege zuhause durch Angehörige oder Bekannte erfolgt – also ohne professionellen Pflegedienst. Bei Pflegegrad 3 beträgt das monatliche Pflegegeld aktuell 599 Euro.
Das Pflegegeld wird anteilig gekürzt, wenn Sie zusätzlich Pflegesachleistungen (z. B. ambulanten Pflegedienst) in Anspruch nehmen. In diesem Fall sprechen wir von einer Kombinationsleistung.
Was sind Pflegesachleistungen bei Pflegegrad 3?
Pflegesachleistungen sind professionelle Pflegeleistungen durch einen ambulanten Pflegedienst. Sie werden direkt mit der Pflegekasse abgerechnet. Mit Pflegegrad 3 steht Ihnen hierfür ein Betrag von 1.497 Euro pro Monat zur Verfügung.
Ein Pflegedienst übernimmt täglich die Körperpflege (Waschen, Ankleiden, Medikamentengabe). Die Abrechnung erfolgt unkompliziert direkt über die Kasse.
Kann ich Pflegegeld und Pflegesachleistungen kombinieren?
Ja – das ist die sogenannte Kombinationsleistung. Sie entscheiden flexibel, wie viel Prozent der Pflegesachleistung Sie nutzen und erhalten den restlichen Prozentsatz des Pflegegeldes.
- Nutzung von 70 % der Pflegesachleistung → 30 % des Pflegegeldes (179,70 €)
- Der Rest verfällt nicht – Sie nutzen beide Leistungen anteilig.
Welche weiteren Leistungen gibt es bei Pflegegrad 3?
Hier ein kompakter Überblick über Ihre monatlichen und jährlichen Leistungsansprüche (Stand 2025):
Leistung | Anspruch |
---|---|
Pflegegeld | 599 €/Monat |
Pflegesachleistungen | 1.497 €/Monat |
Entlastungsbetrag | 125 €/Monat |
Verhinderungspflege | 1.612 €/Jahr + bis zu 806 € aus Kurzzeitpflege |
Kurzzeitpflege | 1.774 €/Jahr + bis zu 806 € aus Verhinderungspflege |
Tages-/Nachtpflege | 1.298 €/Monat |
Pflegehilfsmittel zum Verbrauch | bis zu 40 €/Monat |
Wohnraumanpassung (z. B. Treppenlift) | bis zu 4.000 €/Maßnahme |
Pflegeheim-Zuschuss | 1.262 €/Monat (stationär) |
Digitale Pflegeanwendungen (DiPA) | bis zu 50 €/Monat |
Wer erhält das Pflegegeld – und was dürfen Angehörige damit machen?
Das Pflegegeld wird direkt an die pflegebedürftige Person ausgezahlt. Angehörige, die die Pflege übernehmen, können das Geld in enger Abstimmung mit dem oder der Pflegebedürftigen zur Deckung von Pflegekosten oder als finanzielle Anerkennung verwenden.
Einmal pro Halbjahr ist ein Pflegeberatungseinsatz nach §37 Abs. 3 SGB XI verpflichtend – dieser dient der Qualitätssicherung und ist kostenlos.
Welche Unterstützung gibt es zusätzlich zur Pflege?
Mit Pflegegrad 3 stehen Ihnen weitere praktische Entlastungsleistungen zur Verfügung:
- Pflegeunterstützungsgeld: Finanzielle Absicherung bei akutem Pflegebedarf eines Angehörigen (z. B. 10 Tage Lohnersatz)
- Hausnotrufsysteme: Zuschuss von 25,50 € monatlich
- Pflegeberatung nach §7a SGB XI: Persönliche Beratung und Hilfe bei der Koordination aller Leistungen
- Pflegekurse: Kostenlos für pflegende Angehörige – auch online verfügbar
- Wohngruppenzuschuss: 214 € monatlich bei betreutem Wohnen in Wohngemeinschaften
Pflegegrad 3 bei Kindern – was ist anders?
Kinder mit Pflegegrad 3 haben oftmals abweichende Voraussetzungen bei der Begutachtung, da typische Entwicklungsschritte als Maßstab dienen. Der Pflegebedarf wird im Vergleich zu gleichaltrigen gesunden Kindern beurteilt.
- Komplexe Entwicklungsstörungen
- Schweres Asthma oder Stoffwechselerkrankungen
- Epilepsie mit Betreuungserfordernis
Eltern sollten frühzeitig ein Pflegetagebuch führen und sich bei Kinderpflegediensten oder Kinderkrankenpflege beraten lassen.
Treppenlift bei Pflegegrad 3 – gibt es einen Zuschuss?
Ja! Für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen wie einen Treppenlift können Sie bis zu 4.000 € Zuschuss pro Maßnahme bei der Pflegekasse beantragen. In einer Wohngemeinschaft mit mehreren Pflegebedürftigen sogar bis zu 16.000 €.
- Zusätzliche Förderung durch KfW oder regionale Programme ist möglich
- Lassen Sie sich mehrere Angebote erstellen und vergleichen Sie Anbieter (z. B. über neutrale Portale)
- Beantragen Sie die Förderung vor Baubeginn, sonst verfällt der Anspruch
Gibt es digitale Unterstützung bei Pflegegrad 3?
Ja – mit dem Konzept der DiPA (Digitale Pflegeanwendungen). Diese Apps und Programme unterstützen Pflegebedürftige und Angehörige im Alltag – etwa bei Demenztraining, Medikamentenverwaltung oder Sturzprophylaxe.
Die Pflegekasse übernimmt bis zu 50 € monatlich für zertifizierte Anwendungen.
Fazit: Pflegegrad 3 – Leistungen verstehen, Chancen nutzen
Wer Pflegegrad 3 erhält, hat deutliche Einschränkungen im Alltag, aber auch ein umfangreiches Spektrum an Unterstützungsleistungen. Die Kunst besteht darin, die richtigen Kombinationen zu wählen – etwa zwischen Geld- und Sachleistungen – und alle verfügbaren Förderungen clever zu nutzen.
Lassen Sie sich regelmäßig von Pflegestützpunkten oder unabhängigen Pflegeberatern begleiten – viele Möglichkeiten bleiben sonst ungenutzt.